Gastautor: Nichtgärtner, in Anlehnung an Stille Gespräche
Ich sitze reichlich fertig auf der aus Feigen und anderem Gartengehölz zusammengeschusterten Bank – die Waschbetontreppe ist mir zu unbequem –, schüttle mir die letzten Sägespäne aus den Haaren bzw. pople sie aus Nase und Ohren, nippe verdientermaßen an meinem Bier und versuche die gierigen Hühner, pardon: Velociraptoren, daran zu hindern, meinen Glimmstängel als Nahrungsmittel zu entehren. Der 0.25 mm dickere Bizepsumfang vermag nur unwesentlich darüber hinwegzutrösten, dass sich die Milchsäureüberproduktion bereits jetzt, obwohl in zweierlei Hinsicht unmöglich, als folgenschwer abzeichnet. „Und es zittern die Hände…“, träller-triller, was die klein geschnippelten Knoblauchzehen in der später am Abend zu kredenzenden Mehlsuppe dahingehend beeinflussen dürfte, dass diese etwas rustikaler ausfallen werden. Die Sonne wärmt für die Jahreszeit schon ganz ordentlich und trocknet den Schweiß auf meinem Gesicht. Herrlich kühl gluckert es die Kehle hinunter. Eine satte Zufriedenheit macht sich breit. Wahrscheinlicher ist, dass die Erinnerung trügt, eine steife Bise weht, das klamme T-Shirt stört und der Gerstensaft die Zähne bibern lässt. Die Zufriedenheit aber, die bleibt.
Ein befreiender Rülpser verjagt doch tatsächlich die Dinos. Interessant.
Ich war schon immer vor allem für das Grobe im Garten zuständig. Einerseits Muskel und so, und andererseits scheint Zerstören mir irgendwie im Blut zu liegen bzw. in den Genen zu hocken. Da haben ein renitenter Koniferenstrunk, ein umzupflügendes Stück Wiese oder eine kilometerlange Ligusterhecke nichts mehr zu lachen.
Die Zeiten sind allerdings komplexer geworden. Als Nichtgärtner bin ich Zuhörer, Tröster, Kritiker, Berater, Aufmunterer, Bremser, Handlanger, Landschaftsarchitekt, Notfallchirurg, Traumdeuter, Gartenprodukteverwerter, Lobhudler und ganz selten auch Heuchler. Konnte ich früher noch mit der beiläufigen Erwähnung von Vinca minor oder Judassilberling bei Nick punkten, liegt heute die Latte mit Campanula pyramidalis cordalis, als Beispiel, deutlich höher. Vereinzeln, vermehren, vertikutieren, vorziehen, verhüten. Vuck. Ist Mindestvokabular resp. sollte. Ganz zu schweigen von Gründüngung, Bodendecker, Staude, Ein- und Zweijährige, Halbschatten, Dickmaulrüssler oder Bokashi.
Nicht Schritt zu halten vermag ich hingegen mit Nicks manchmal in Besessenheit gipfelndem Weiterbildungsenthusiasmus (was für ein langes, schönes Wort). Bücher, Fachzeitschriften oder „Garten pur“ sind da nur die Spitze der Zuckerrübe, um im Jargon zu bleiben.
Themenwechsel. Zurück zu vor dem Anfang. Ich stehe verkeilt mit Baum und Leiter auf Letzterer und gäbe ein Königreich für Schuhe mit dickeren oder härteren Sohlen. Chrrr … einen langen Blick über unser Hausdach in die weite Landschaft werfen … chr-chr-chr … oder auch in die nachbarlichen Gärten, wo Urs in diesem Moment einen Regenwurm verspeist … chr-chr-chr … von unten ist Dauerschnippen und -kracksen zu hören; ohne Pause … chr-chr-chr … noch ein letzter prüfender Blick ins Zielgebiet … chr-chr-chr … Trumms. The last one. Babyelefantenfußdick. Händekontrolle: Alles dran, kein Blut. Gut.
Und nun sitzen wir hier auf der Bank, Nick und ich, in gesprächiger Stille, uns bewundernd und dem Baum und der Welt zuprostend – und uns auf die Stihl freuend.