Um Herrschaftsgotteswillen, ich meine damit nicht den Haushalt an sich, nichts läge mir ferner, nein, es geht hier um das Haushalten der eigenen Ressourcen. Ab so etwa 25 begänne, so hatte ich mir mit 23 aufgeschreckt angelesen, der Körper seinen unaufhaltsamen Abwärtstrend. So ganz von der Hand zu weisen ist das nicht, stellte ich selber am eigenen lebenden Beispiel fest. Etwa bei den „nuits blanches“ (auf Französisch tönt es nicht arg so liederlich), die plötzlich nicht mehr so locker-flockig wegzustecken sind. Gut, man gewinnt an Erfahrung, ist irgendwann vielleicht etwas weiser, hackt nicht wie blöde auf einer Karotte rum, sondern merkt, dass es auch geschmeidiger ginge (Karotte und Rumhacken hier bloß als Metaphern), und wurstelt sich damit unbemerkt ins vierte Lebensjahrzehnt. Spätestens da beginnen dann die Zipperlein und ein Tag des unentwegten Bückens – dafür gibt’s leider nix Französisches, was besser klänge – rächt sich auf grausame Art und Weise.
Vorausschauend, wie ich selten bin, legte ich den Garten in fitten Jahren bewusst arbeitsextensiv an, und hatte das erstaunlich gut hingekriegt. Es war mir problemlos möglich, nebst beruflicher Tätigkeit, dem leidigen Haushalt, dem Kümmern um Haustiere und -freunde und dem Pflegen einer Beziehung auch noch ein anständig aussehendes Biotop rund ums Haus zu unterhalten. In der Zwischenzeit wurde ich nicht nur älter, sondern auch Purler. Ein Fehler sondergleichen. Pur bildet nicht nur – schon das allein ist ein Kreuz: Je mehr du weißt, desto schwieriger wird das Leben, das lässt sich nicht wegbabbeln. Nein, vor allem und überhaupt fixt es an. Ungeheuerlichst und unumkehrbar. Ich unschuldig reines Ding trat durch die Purpforten und riss die Augen auf ob der noch nie gehörten, gesehenen, geahnten und geschnupperten Pflanzenschätze. Das ward der Anfang des Verderbens, das Ende der Arbeitsextensivität. Hätte ich den Schritt nur nie getan, ich verfügte heute über „Ich weiß nicht, was ich mit meiner Zeit anfangen soll“-Zeit, dass es nur so kracht.
Ich würde aber auch gähnend zwischen den mickerlig langweiligen Beeten hindurchstolpern. … Tät ich das? Wüsste ich nicht, was „gähn“ ist, dann fänd ich mein darum immer noch „Gähn“ sicher ganz erfrisch-belebend. Seien wir frank, frei und offen: Garten Pur ist des Teufels. So. Jetzt isses raus.
(Ganz zu schweigen von der Zeit, die es einem stiehlt. Zeit, in der man jäten könnte. Zum Beispiel. Oder halt anderes im Garten tun. Oder überhaupt nix im Garten tun, weil’s nix zu tun gäbe. Zum Davonpuren, das.)
Und so wurde aus einem schlauerweise bequem angelegten Garten ein dödligerweise arbeitsintensiver. So sehr, dass ich heuer etwa fünfmal meinem Nichtgärtner drucksenderweise eingestand: „Ich glaub, ich kann das so nicht stemmen.“ Fünfmal ist verdammt viel, dem Nichtgärtner Eingestehen verdreifacht die Minuspunkte. Besonders dann, wenn von einer geäußert, die sich nach „einer unendlichen Anzahl Hektaren sehnt, auf denen ich mich austoben könnte!“ Ja, ja.
Pur ist es schuld. So. Ich wische mir erleichtert den Schweiß von der Stirn, dass man mir, dem unschuldig daherkommenden Naturwesen, nix vorwerfen kann. Pur aber ist es auch schuld, dass ich heute zwei stattliche Tricyrtis-Megahorste mein Eigen nenne, unzählige andere Pflanzen, zig unbezahlbare, z.T. erstaunlich innige Freundschaften knüpfen konnte, Seelenverwandtschaften sogar, mich mit einigen in die Haare kriegte, deswegen schlaflose Nächte verbrachte, mich mindestens zweimal abmeldete, auf die Tastatur hätte … und so weiter können … Eine Welt für sich. Das merkst du spätestens bei den jeweiligen Treffen. Als Neuling steht man ungelenk da und fürchtet Schlimmes, bis man merkt – hallo! Die sind alle so durchgeknallt. Hallo! Das sind Menschen. Und noch halloer: Die sind toll, die Purler. Wie sonst ist zu erklären, dass ein so durchgemischter Haufen sich so friedlich, humorvoll, interessiert, gescheit und mäandernd treffen kann? Und – auf dem Boden vor Lachen kringelnd – sich gleichzeitig auf höchstem Purniveau unterhält?
Pur ist die Wucht. Aber arbeitsintensiv. Es war mein Lebenswunsch, Leser zu unterhalten, sie zum Schmunzeln, Kichern, Lachen zu bringen. Allein, einmal pro Woche geht inzwischen gröbstens an die Substanz. Und die ist ja nach 40 nicht mehr so solide. Darum genehmige ich mir an dieser Stelle zum 25. Artikeljubiläum folgende Ehre: Es wird künftig eine altersgemäße Zweiwochenalternanz eingeschaltet. Man bittet – gebrechlich, wie man nun mal ist – um Nachsicht.